lisboa.reloaded schliesst an, wo Michael Rüsenberg und Hans Ulrich Werner 1993 begonnen haben. An 10 Tagen im Juni 1993 hatte Rüsenberg Klänge des Alltags in Lissabon aufgenommen, begleitet von Kameramann Uli Sigg. Das Video-Material wird hier erstmals veröffentlicht. Die Audio-Aufnahmen gingen in einer Radio-Dokumentation auf und wurden1994 als CD "Lisboa - a soundscape portrait" veröffentlicht, beides zusammen mit Hans Ulrich Werner.
Wie der Titel nahelegt, zählt diese Arbeit zum Bereich Soundscape-Komposition, welche das Genre nicht nur als akustisches Äquivalent zu Landscape versteht, sondern vor allem als musikalische Interpretation von Umweltklang. Jeder, der die portugiesische Hauptstadt besucht hat oder dort lebt, wird einen Grossteil ihrer Klangwelt auf jenem Album wiederentdecken. "Lisboa - a soundscape portrait" war von einem eher dokumentarischen Ansatz bestimmt.
Die CD fand die Aufmerksamkeit von Carlos Alberto Augusto, Komponist aus Carcavelos und 2003 Projektleiter von "Coimbra Vibra!", einer Art Verklanglichung jener portugiesischen Stadt durch Murray Schafer, den Gründer des "World Soundscape Project". Rüsenberg und Werner zeichneten dieses Ereignis für WDR, HR und DLR Kultur auf.
Der Zeitpunkt, per Zufall 10 Jahre nach ihrem ersten Lissabon-Projekt, inspirierte das Trio zu einer Wiederaufnahme. Ein Titel war rasch gefunden: lisboa.reloaded, denn genau darum handelt es sich. Nichts sollte wiederholt werden, das Bild im wortwörtlichen Sinne erweitert werden, fort von einem dokumentarischen Ansatz zu mehr künstlerischer Freiheit und nicht zuletzt zu einer deutsch-portugiesischen Kooperation.
Während eines gemeinsamen Abendessens in Coimbra im Oktober 2003 stellte sich auch die Personalfrage als unproblematisch heraus. Augusto, Werner und Rüsenberg hatten zuvor die Perkussionsgruppe Toca Rufar aus Seixal erlebt und baten deren Leiter, Rui Junior, hinzu. Die damals abwesenden Künstler Korn und Zingaro waren eine naheliegende Wahl: Carlos Zingaro als der international renommierteste Improvisiationsmusiker und Elektroniker Portugals sowie Christoph Korn aus Frankfurt, gut vertraut mit Lissabon, der dort bereits dreimal Preise für seine Filmmusiken gewonnen hat. Beide gehörten überdies zum Team der Remixer auf Rüsenberg´s CD "Roma - a soundscape remix" (1998).
lisboa.reloaded bietet audio-visuelle Projektionen der portugiesischen Hauptstadt - auch als "cidade branca, die weisse Stadt" bekannt - durch fünf Künstler: zwei Audio- und drei Video-Arbeiten, die sich schwerlich auf einen gemeinsamen Begriff reduzieren lassen.
Das Eröffnungsstück "MetaSon Lisboa" von Hans Ulrich Werner verbindet Lisboa.Reloaded mit "Lisboa - a soundscape portrait". Abgesehen von ein paar Details sind die Audio-Tracks unverändert, vor allem aber: der Video-Schnitt folgt der Tonspur und nicht umgekehrt.
"Cine Lisboa" von Carlos Alberto Augusto speist sich aus verwandten Klangquellen, enthält aber mehr Klangtransformationen, um die narrative Rolle der (12saitigen) portugiesischen Gitarre zu stützen, gespielt von Paulo Soares.
Christoph Korn´s "Stern" bildet die Mittelachse des Projektes, es ist sowohl im Klangalltag Lissabon´s verwurzelt (durch einen Strassenmusiker) als auch diesem enthoben durch durch die Interpretation derselben Melodie auf der Violine von Carlos Zingaro. Nicht zuletzt der Videoteil von "Stern": reine Textzitate, darunter Anmerkungen über Klänge an bestimmten Orten, die aufgenommen - und wieder gelöscht worden sind.
Sowohl "Dr Mussert´s Landing" von Michael Rüsenberg als auch "Storia Intramuri-Walls" von Carlos Zingaro entpuppen sich als tagträumerische Exkursionen zu bestimmten Stellen in Lissabon: das erste zu zu einer Landungsbrücke am Tejo, nahe dem Cais do Sodré, sowie zur gigantische Brücke des 25. April, letzteres zu Strukturen, die leicht übersehen und -hört werden - die Häuserwände der Stadt.
lisboa.reloaded, gleichermassen repräsentational wie abstrakt, ist eine Hommage an einen Ort, der auch Die Weisse Stadt genannt wird.
distribution
UK: www.rermegacorp.com
US: www.earthear.com
PT: www.audeo.co.pt
